Hochwasserkatastrophe im Osten Österreichs - Kulturgüterschutz der Landessammlungen Niederösterreich
von pflege
Kulturgüterschutz der Landessammlungen Niederösterreich
Die Landessammlungen Niederösterreich betreiben Depotstandorte in unterschiedlichen Regionen des Bundeslandes und damit auch unter verschiedenen topographischen Voraussetzungen. Manche Depots befinden sich in erhöhter Lage auf einem Hügel, manche in leicht erhöhter Lage auf weitgehend ebener Fläche und andere in unmittelbarer Nähe zu den Flüssen Traisen und Donau. Diese sehr unterschiedlichen Ausgangslagen legen nahe, dass das Hochwasserrisiko nicht überall gleich ist.
Während des Verlaufs einer großen Katastrophe sind alle Kräfte gebündelt, um die Sicherheit der Menschen zu gewährleisten und sie vor Lebensgefahr zu schützen. Da die Priorisierung der Rettung von Menschenleben gilt, ist es umso wichtiger für eine Institution wie die Landessammlungen Niederösterreich, die unschätzbar wertvolle Sachwerte verwaltet, schon vor einer möglichen Katastrophe auf Prävention und Resilienz zu setzen. Das eigene Personal ist teilweise selbst betroffen, teilweise ist es aber auch durch die Verkehrslage von den Depotstandorten abgeschnitten.
Im Zuge der Erstellung von Depotordnungen wurde von einem Team der Landessammlungen Niederösterreich – je eine Kollegin bzw. ein Kollege für einen Standort – mit den Empfehlungen des Sicherheitsleitfadens Kulturgut (silk-tool.de) ein Risikoprofil erstellt. Dabei konnte festgestellt werden, dass ein Hochwasser für alle Standorte ein relativ geringes Risiko darstellt. Im Falle der Depots an Flüssen resultiert diese Einschätzung aus den Erhebungen zu Beschaffenheit und Wirksamkeit der dort vorhandenen Hochwasserschutzbauten und –Maßnahmen.
Kontrolle der Dichtigkeit des Dachs im Depot Hart mit einer Drohne während des starken Regenfalls am 13.9.2024
Kurz vor dem Eintreten des Ereignisses ab dem 13.9.2024 wurde noch einmal überprüft, ob unmittelbar Aktionen zu setzen wären. Im Kulturdepot wurden Objekte aus einem Gefahrenbereich unter einem Fenster entfernt, um bei einer möglichen Undichtigkeit Schäden zu vermeiden. Das Depot Hart ist mit seiner riesigen Dachfläche besonders durch von oben eindringendes Regenwasser gefährdet; hier wurden risikoreiche Stellen unter dem Dach identifiziert (teilweise durch einen Kontrollflug mit einer Drohne) und die darunter befindlichen Objekte ebenfalls zusätzlich gesichert.
Im Verlauf des Geschehens waren einige der Depotverantwortlichen zeitweise von der Außenwelt abgeschnitten; allerdings gelang es dennoch, Kontakt zu halten und Beobachtungen bzw. Berichte auszutauschen. Über die öffentlich zugänglichen detaillierten Wasserstands- und Durchflussmengenprognosen konnte so zusammen mit den von den Standorten bzw. aus der Nähe der Standorte gemeldeten Informationen ein recht genaues Lagebild erfasst werden.
Im Laufe des Sonntags (15.9.) war besonders der Anstieg der Traisen im Stadtgebiet von St. Pölten unter Beobachtung; die Depots im Kulturbezirk bzw. im Landhaus befinden sich in unmittelbarer Nähe. Da sowohl im Museum Niederösterreich als auch in der Sicherheitszentrale des Landhauses ständig Personal vor Ort war, konnten aus diesen Depots regelmäßig genaue Lageberichte übermittelt werden. Daher war bereits beim Absinken des Pegels der Traisen klar, dass diese Depots keine Wassereinbrüche hatten.
Am Montag (16.9.) lagen dann bereits die vermutlich nicht mehr wesentlich zu korrigierenden Berichte aus allen Depots vor; die prognostizierte zweite Welle des Hochwassers wurde zwar weiterhin genau beobachtet, nachdem diese aber an den für die Depots relevanten Flüssen niedriger prognostiziert war, konnte für die Standorte bereits vorsichtig Entwarnung gegeben werden.
Alle Depotstandorte der Landessammlungen Niederösterreich sind ohne Schäden an Objekten durch die Katastrophe gekommen; einige der Depots haben zwar geringe Wassereinbrüche zu vermelden, jedoch ohne Folgen für die eingelagerten Werte. Insgesamt ist festzustellen, dass es mit Stand der Informationen praktisch keine Schäden an Objekten gegeben hat. Die Depotflächen selbst sind trocken geblieben, Klimasensoren haben keine bedenklichen Werte angezeigt.
Extremereignisse wie dieses Hochwasser werden leider häufiger und nehmen an Intensität zu. Für die Notfallplanung ist es daher wichtig, die in einer Katastrophe gemachten Erfahrungen zu analysieren und Erkenntnisse daraus zur Verbesserung der Resilienz – auch für andere Szenarien – heranzuziehen.
Hochwasser der Traisen im Bereich Landhaus St. Pölten am 15.9.2024, Foto: Dieter Peschl